Es geht um das Ankommen im Leben, die Geburt, und um das Ankommen in einer bestimmten Gesellschaftsschicht, in einem neuen Land oder einer neuen Heimat. Es dreht sich um die Sehnsucht der Menschen im Land ihrer Träume anzukommen, um das behütete Ankommen von Heiligen und Göttern an einem bestimmten Ort und um Menschen, die wohl nie an ihrem (Lebens-)Ziel ankommen, wenn sie denn überhaupt eines haben. Schließlich geht es um Päckchen oder Briefe, die Tausende von Kilometern überwinden können und vom Leben in der Fremde oder an der Front berichten.
Kunst geht fremd und über Grenzen
Das Projekt startet heuer zum zwölften Mal und wir vom Heimatmuseum Ebern sind auch wieder mit dabei!
Das Konzept: 20 unterfränkische Häuser mit unterschiedlichen Konzepten und Schwerpunkten tauschen einen Sommer lang ihre Kunst bzw. Exponate. 20 Ausstellungsstücke präsentieren sich in einem neuen, regionalen Umfeld, in fremder Atmosphäre und verändertem Kontext.
In unserer diesjährigen Aktion "Kunst geht fremd" wollen wir darauf aufmerksam machen, was es bedeuten kann, über Grenzen zu gehen. Sei es unter künstlerischen Aspekten oder in Bezug auf historische Exponate. Sei es an der Grenze zwischen Kitsch und Kunst oder im Zusammenhang mit kriegerischen und gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Wir laden euch dazu ein, Kunst in anderen, fremden Zusammenhängen zu sehen, neue Museen zu entdecken und auf diese Weise selbst innerhalb Unterfrankens über Grenzen zu gehen. Das könnt ihr auch bei den begleitenden Veranstaltungen tun.
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Unser diesjähriger Gast im Heimatmuseum Ebern:
„Als die Geiß erkannte, dass der Wolf sechs ihrer Geißlein gefressen hatte und nur das jüngste verschont geblieben war, weinte sie entsetzlich.“
Wer kennt es nicht, das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein?
Im Rahmen des Projektes „Kunst geht fremd und über Grenzen“ tauschen auch in diesem Jahr Museen aus Unterfranken Objekte und Kunstwerke untereinander aus. Im Heimatmuseum Ebern ist seit 19. Juli vier Schulwandbilder aus den Museen Schloss Aschach zu Gast. Auf diesen sind vier Symbolszenen des Märchens dargestellt. Anhand dieser besprachen Lehrkräfte das Märchen mit den Kindern.
Schulwandbilder gehörten ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für knapp 100 Jahre zu den wichtigsten Lehrmitteln. Märchendarstellungen kamen häufig vor, da sie an die Lebenswelt der Kinder anknüpften und der ästhetischen, sprachlichen und moralischen Erziehung dienten. „Der Wolf und die sieben Geißlein“ lehrte die Kinder unter anderem, niemals die Hoffnung aufzugeben, denn kluges Denken und Handeln kann das scheinbar Unmögliche möglich machen wobei man dabei immer wieder über seine eigenen Grenzen gehen muss.
Das Gastkunstwerk im Heimatmuseum Ebern stammt in diesem Jahr aus den Museen Schloss Aschach. Die Schulwandbilder werden im ehemaligen Arbeitszimmer des Eberner Schulleiters Karl Hoch gezeigt. Dort steht auch der rettende Ort für die siebte Geiß: eine Standuhr.
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Bleibt noch die Frage, welches Objekt wir in diesem Jahr ins Rennen geschickt haben.
Es gibt viele Dinge, die stellvertretend für das Grenzen überwinden und die daraus resultierende Freiheit stehen – Automobile zählen dazu und vielleicht noch stärker: Motorräder. Diese Zuschreibung und die Tatsache, dass eine Frau Mitte des vergangenen Jahrhunderts den präsentierten, schnittigen Motorradanzug trug und damit ein Stück Freiheit fand, waren Grund genug diese Objekte bei Kunst geht fremd einzubringen.
Der Motorradanzug gehörte Auguste Karl aus Junkersdorf bei Ebern. Sie war Näherin und hat im ganzen Landkreis in den Häusern genäht, gestrickt und andere Handarbeiten verrichtet. Um zu ihrer Kundschaft zu gelangen, nutzte sie ihr Motorrad und trug dabei den ledernen Motorradanzug.
Der Anzug aus rotbraunem Leder besteht aus einer hüftlangen, mit Messingknöpfen geknöpften Lederjacke sowie einer taillenhohen Lederhose, die an den oberen Waden durch eine Schnürung und an der Taille mit einem Gürtel fixiert wird. Der Anzug wird durch eine Motorradhaube komplettiert. Der Motorradanzug wurde in der Bamberger Lederwarenfabrik Stefan Arnold hergestellt. In einem zeitgenössischen Katalog wird die Jacke unter der Nummer 120 geführt.
Im Spessartmuseum wird der Anzug in der Ausstellung zum Hebammenwesen gezeigt. In der Mitte des letzten Jahrhunderts waren auch Hebammen, wie z. B. Klara Wissel aus Mömbris, bei ihren Fahrten zu den Schwangeren in solchen Outfits unterwegs.
Weitere Informationen findet ihr unter www.kunst-geht-fremd.de
Ein Beitrag in TV Mainfranken über die Aktion: https://www.tvmainfranken.de/mediathek/video/die-aktion-kunst-geht-fremd-im-heimatmuseum-ebern/